Alchymistische Kunst und die Sprache der Yaghan – Ein Gleichnis

 Peter Hochmeier


(...) Nun hat man gemeinhin ja gar keinen rechten Begriff von solchen alchymistischen Prozessen und davon, welche Art von Arbeit dahintersteckt und welch künstlerisches Vermögen. Deshalb kann die Vorstellung kaum Bilder dafür finden womit sich jene Kundigen abgaben. Bald ist Mancher geneigt, diese Künstler tatsächlich für „probierende“ Traumfänger zu halten, denen der Zufall irgendeine rote 'Chemikalie' schenkte, die sie in ihrer vermeintlichen Naivität für nichts anderes als den ‚Großen Stein‘ halten mußten, daneben aber gelegentlich zumindest einiges „Nützliches“ darstellten, wie Säuren und Sprengstoffe. Ja es bestand unter den sogenannten wissenschaftlich gebildeten Leuten der letzten zweihundert Jahre eine Meinung über die Alchymisten der vergangenen Jahrtausende, die ein Gleichnis findet auf einem ganz anderen Gebiete, nämlich in den Bemerkungen Darwins über die Feuerland-Indianer (1845), es sei kaum zu glauben, daß zwischen wilden und zivilisierten Menschen ein derart großer Unterschied besteht, nämlich ein größerer, als zwischen einem wilden Tier und einem Haustier. Die Sprache dieses wilden Volkes verdiene es kaum ‚artikuliert‘ genannt zu werden. Captain Cook verglich sie gar mit einem Räuspern aus vollem Halse. ‚Ganz gewiss hat sich aber noch kein Europäer so geräuspert, mit solch heiseren, gutturalen und knackenden Lauten.‘ (...)

 

Besagtes Volk der Yaghan war eines der ältesten auf dieser Erde. Ashley Montagues Recherchen wiesen es als das vermutlich älteste, ethnologisch erkennbare Volk aus, das aus Asien auf den amerikanischen Kontinent eingewandert war. In nur hundert Jahren seit der abfälligen Darwinschen Bemerkung konnte es (von den „zivilisierten“ …) vollständig ausgerottet werden...

 

Thomas Bridge aber verstand – wie so Manche auch damals – die Dinge anders, zog zu den Yaghan, lebte mit ihnen und begann ihre Sprache zu lernen und die Worte und Begriffe zu notieren. 1863 hatte er bereits ein Wörterbuch mit 7000 Vokabeln verfaßt. 1879 war sein Wörterbuch – die Darwinisten ignorierten die Peinlichkeit – auf 23 000 Wörter angewachsen. Dennoch verweigerte man strikt zu akzeptieren, daß diese ‚Wilden‘ nicht nur einen äußerst reichen Sprachschatz besitzen, sondern noch dazu vor Urzeiten eine unvorstellbar reiche geistige Kultur über die halbe Erde bis an die Südspitze des amerikanischen Kontinents getragen hatten. J. Alden Mason nannte schließlich erst 1950 die Sprache der letzten Yaghan-Familien (1948 wurde die Zahl der noch lebenden Yaghan auf kaum 20 geschätzt)‚“außerordentlich wohlklingend, weich, melodisch, angenehm, ...“.

 

Der Vergleich mit der Ansicht manch sozusagen „wissenschaftlich Gebildeter“ über die Alchymisten hinkt nur insofern, als daß letztere bei weitem nicht ausgestorben sind, sondern in manchen Gebieten der Welt sich immer noch ‚ihrer‘ Yaghan-Sprache bedienen.

 

P.H.